Eindrücke
Hallo liebe Leute,
heute will ich mal ein paar Eindrücke loswerden. Ich weiss, der letzte Eintrag ist schon lange her und es gäbe so viele zu berichten, aber ich nehme, dem Anlass gegeben, die aktuellsten …
Mangguh dan Zeremonie Rumah Mesin (Reisgottzeremonie und mein Gensethaus)
Angefangen hat es mit der Zeremonie für den Reisgott. Das ist so… das Land auf den wir unsere Häuschen bauen, war früher ein Reisfeld. Und weil wir es jetzt sozusagen „umwidmen“ muss dafür natürlich eine Zeremonie her. Da dieses Stück Land ganz schön groß ist, und der Aufwand der Zeremonie steigt, umso mehr Land umgewidmet wird, war das eine recht große Zeremonie. Mit Musik (Gamelan) und ein Haufen Priester am Grund.
So genau den Ablauf kann ich jetzt nicht wiedergeben, aber so die Highlights für mich waren…
… das Schweindl grillen
…es ist immer wieder einfach toll anzusehen, wie so etwas abläuft hier… wie bei einer Riesengroßen Party in Österreich - so in etwa vergleichbar wie das Donauinselfest in Wien… ;-) vielleicht etwas übertrieben, der Vergleich, aber ok…
Was ich damit sagen will ist… da wird gekocht, Zwiebel geschnitten, Sitzplätze organisiert, ein Dach „gebaut“, eingekauft, gebastelt, Reis gekocht, … und jeder macht bei irgendetwas mit. Keiner fragt groß… und was krieg ich dafür?? Nein, erstmal wird gemeinsam angepackt… und wenns im Nachhinein was dafür gibt (Uang/Geld), ok wird’s auch genommen, aber wenns auch „nur“ die Einladung zum Essen ist, ist es auch ok und gut…
Es bleibt ja nicht nur bei dem Schweindl selber… da werden Würstel gemacht, Soßen gekocht, Beilagen gerichtet, Spießchen gemacht, Gemüse vorbereitet und natürlich jede Menge Reis…
Die Zeremonie selber
… also so einen Spektakel hab ich zum Ersten Mal miterlebt. Da wird ein Gestell für den Priester gebaut, richtig hoch, rundherum irre viele Dinge aufgestellt, Blumen, gebasteltes Dingelchen, Essen Räucherstäbchen - die sind sowieso immer und überall dabei, Glockengebimmel, … und natürlich eine ganz ganz spezielle „Kleidung“ - wobei diesmal ist mir der Priester halb nackt vorgekommen - und irgendwie strange anzusehen… in Leder und mit Kettchen hier und da… Zopf gebunden…. und ganz strenger, ernster, konzentrierter Miene…
Dann gehen - keine Ahnung wie viele, Priester das ganze Grundstück ab, und beten hier und beten da und Wassersprengel hier und dort und da nicht zu vergessen…
Und dann… vor dem Priestergestell am Boden ist ein „Gabentisch“ aufgebaut. Wahnsinn, was die für Geld ausgeben, für all das „Zeug“, und mittendrinn liegt eine ganze gegrillte Sau… wirklich, mit Kopf und Füßen und allem drum und dran… dann wird wieder gebetet - rund um den Gabentisch, und alle Priester und auch ein paar andere laufen um den Gabentisch, kehren den Weg rundherum, vertreiben was und wen auch immer, schreien und rufen und tanzen rundherum…
Dann wird die Sau geteilt, streng nach Ritual, in ganz bestimmte Stücke. Danach müssen die, die in Zukunft auf dem Land bauen und leben, also wir, dem Subak (Reisbauervereinigungs-Oberhaupt) jeweils irgendein Drum von dem Gabentisch überreichen.
Und wenn dann alles gut abgelaufen ist, alles vorbei ist, ist das Land der Reisgöttin abgegolten und es darf darauf gelebt, gebaut und was auch immer werden. Es wurde ihr gebührend dafür gedankt, dass dieses Land viele Jahre lang den Menschen Reis gegeben hat und dass es ab nun an einigen Menschen ein neues Dasein geben wird. Die Leute, die hier arbeiten werden, sind zufrieden und fürchten sich nicht vor dem Zorn der Reisgöttinn, weil sie ja besänftigt wurde…. es hat also alles seine Ordnung.
So ganz still und leise und nebenbei - nicht wirklich registriert, wurde auch mein Gensethaus bzw. mein Raum in dem irgendwann in Zukunft mein Kompressor für die Tauchflaschen sein wird, zeremoniell bedacht, und seinem Zweck übergeben… ok, auch für meine Worker alles in Ordnung… es darf hier beruhigt gearbeitet werden, weil Ibu Brigitta hat ihren Teil für die Götter beigetragen….
Was ich nicht gewusst hab, mir aber erzählt wurde… da muss natürlich, bevor das eigentliche Fest stattfindet, noch nach bestimmten Ritualen bestimmte Gaben, unter anderem richtige Reiskunstwerke, gebaut werden, abgesegnet - bei den verschiedensten Priestern… da wird alles eingepackt, zum Priester gefahren, gesegnet und… keine Ahnung, teilweise gegessen, teilweise kriegen herumstreunende Hunde a bissl was von den Gaben ab, so nebenbei, wenn sie sie entdecken…
Also ich glaub, gut eine Woche bis zehn Tage brauchen so alle Vorbereitungen, und Lutuh und Ketut waren ganz schön im Stress…
Dank den Beiden - und es war ein gelungenes Fest - dass muss man sagen. Alle waren im Endeffekt zufrieden und gesättigt - geistig wie auch körperlich…
Bevor du die Mangguh Zeremonie abhälst ist es hier so Brauch, dem Subak ein bestimmtes Entgelt jährlich zu bezahlen. Und nach der Zeremonie fällt dass dann weg….sollte wegfallen, für Balinesen ganz sicher, für uns auch ;-) ????
Wenn man bedenkt, dass die Kosten für die Zeremonie ungefähr soviel ausmacht, als wenn du 10 Jahre lang jährlich deinen Beitrag leistest… no more Comment ;-)
Galungan dan Kuningan (Jahreswechsel alle 210 Tage)
Als nächstes kam dann Galungan dan Kunignan - bzw. ist gerade, weil Galungan ist grad vorbei und nächste Woche ist Kuningan…
Vergleichbar mit unserem Jahreswechsel… allerdings halt auf fast zwei Wochen, genau gesagt, 10 Tage, verteilt.
Keine Zeremonie gleicht der anderen, aber so irgendwie ist schon ein bissl was gleich bei Allen…
Bauen, basteln, vorkochen, Areal schmücken beten, Gaben verteilen, feiern, ausrasten und auf die nächste warten…
So auch hierbei. Mit dem Unterschied für mich diesmal… auch ich hab jetzt den üblichen „Schmuck“ vergleichbar mit unserem Baumschmuck für Weihnachten, nur halt vieeeeeel vieeeeeeel höher, am „Eingang“ zu meinem Land. Wer schon in Bali war, weiss wie das nun aussieht… links und rechts neben dem Tor sind zwei rieeeeeesengroße Bambusgebilden, mit vielen kleinen Verzierungen (handgemacht), und einem kleinen Gabenteller-Gestell. Da kommt dann jeder, der hier arbeitet irgendwann zwischen Galungan und Kuningan, oder 2x vorbei, betet, bringt ein paar Gaben (Reistürmchen, Obst, Süssigkeiten), trinkt einen Kaffee und geht zum nächsten Tempel. Fühlt sich wohl, weil auf Brigittas Land findet er halbwegs alles, was er braucht, um angstfrei - vor allen bösen Geistern - arbeiten zu können …
Ich war auch ein bissl an den Bastelarbeiten beteiligt… es war urgemütlich… du hast zwar keine Ahnung, wann deine Leute vorbeischneien, irgendwann sind sie einfach da, haben alles mögliche an Material dabei, hocken sich nieder, und beginnen zu basteln… ratschen, trinken Kaffee, Essen, machen alles fertig - und gehen.
Das Gestell bleibt bis nach Kuningan… hoffentlich hält es Wind und Regen aus,… wird dann abgebaut, der Schmuck, welcher es überlebt hat, wird verstaut fürs nächste Galungan dan Kuningan (Jahr), und der Rest… ist ja alles, oder fast alles natur,… kommt auf den Organic (Mist)Platz.
Pernikahan (Hochzeit)
Die Tage zwischen Galungan und Kunigan sind beliebte Tage für Hochzeiten.
Diesmal gibt es in Kalisada, nämlich gerade heute, 3 Hochzeiten (Pernikahan). Gestern war mein ehemaliger Staff Yudi bei mir, und hat mich zu seiner eingeladen. Seine Zeit in Denpasar ist nun auch vorbei, seine damalige Freundinn - der Grund, warum er unbedingt nach Denpasar wollte ;-) schwanger, und heut wird Hochzeit gefeiert. Die Einladung kam für mich etwas zu kurzfristig, deswegen nehme ich nicht daran teil, aber ich wünsch ihm natürlich alles alles Gute…
Wobei, so ein bissl zum nachdenken hat es mich gestern schon gebracht… so in die Richtung… der Junge ist jetzt gerade mal so um die 22 Jahre alt, hat keinen Job, und jetz bald eine Frau und ein Kind, für die er die Verantwortung zu tragen hat…
Es steht mir nicht zu, irgendetwas hier zu kritisieren, aber kritisch gegenüber stehen, dass darf ich schon… und ich würde gerne ein bissl Aufklärungsarbeit über Verhütung, und Kinder in die Welt setzen machen. Im Kleinen Kreis, bei meinem Staff, versuch ich es immer wieder, und werde es immer wieder tun, und kann nur hoffen, dass es auch mal etwas bewirkt….
Er kam mir gestern recht ernst vor, eh klar, wird ihm auch bewusst sein, schön langsam, was da jetzt alles auf ihn zukommt. Ich mein, ich fand es gut und verantwortungsbewusst, dass er den Mut gefunden hat, herzukommen, mich einzuladen und natürlich auch um einen Job zu fragen….
Die Beendigung unseres „Angestellten-Verhältnisses“ war ja nicht ganz ungetrübt. Aber im Endeffekt ohne großartigen Probleme - wenn ich mich da vergleichsweise an Putu erinnere. Job kann ich ihm leider keinen neuen anbieten… hab sowieso selbst gerade 3 Staffs hier… wüßte nicht, was er arbeiten sollte, aber ich werde mit Lynda mal quasseln, vielleicht ergibt sich ja was…
Ich glaube, er ist ein guter Junge und ich wünsch ihm wirklich von ganzem Herzen, alles alles Gute für seine Zukunft, für ihre gemeinsame Zukunft und für die Zukunft des noch ungeborenen Kindes…
Mati (Tod)
Auch diese Zeremonie werde ich in den kommenden Tagen leider kennenlernen. Die Schwiegermutter meines Staffs Popo ist von gestern auf heute Nacht verstorben. Sie war 75 Jahre alt.
Es ist für mich immer unverständlich, wie plötzlich das hier geht. Da hörst du nichts oder sehr selten, von Krankheit oder Bettlägrigkeit - von einem Tag, von einer Minute auf die andere… auf einmal ist jemand verstorben.
Bei Popos Schwiegermutter hats vor ein paar Tagen begonnen… ich habs nicht gewusst. Seine Schwiegermutter hatte Durchfall, Bauchweh?? Nach ein, zwei Tagen war wieder alles vorbei. An Galungan hat sie wieder ganz „normal“ gegessen - natürlich scharf, sind ja fast alle Speisen hier stark gewürzt, aber das ist auch ihr „normale“ Kost, und gestern gings ihr wieder schlechter. So schlecht, dass Popo mit ihr mitten in der Nacht auf heute, ins Spital gefahren ist… und dort ist sie innerhalb von ein paar Stunden verstorben…
Dass war so der Ablauf, den mir Popo vor ca 2 Stunden berichtet hat. Ruhig, besonnen, mit dicken Rändern unter den Augen, aber mit leiser, fester Stimme.
Der Umgang mit dem Tod ist hier ein gänzlich anderer, als bei uns. Wie genau, werde ich nachtragen, aber es ist nicht so, wie wir es kennen. Für mich persönlich heisst das trotzdem jetzt:
In 2 Tagen werde ich einen Kondulenzbesuch bei den Hinterbliebenen machen. Gott sei Dank hab ich auch einen schwarzen Sarong, weil was anderes hierfür nicht in Frage kommt. In 5 Tagen, also am 14.12.2010 werde ich an den Begräbnisfeierlichkeiten teilnehmen. Dass gehört sich so. Dass bin ich meinem Staff gegenüber als Respektanerkennung schuldig.
Begräbnisfeierlichkeiten sind hier Verbrennungsrituale. Soweit ist mir bekannt. Ich weiss auch, dass sie jetzt die nächsten fünf Tage die Verstorbene einölen und in Eis packen und im Haus der Verstorbenen aufbewahren. Dort wird rund um die Uhr gebetet, bis der rechte Tag für die Zeremonie ist. Weil, nicht jeder Tag ist gut dafür.
In diesen Tagen wird ein Gestell gebaut, wieder gebastelt, gebetet und gefeiert. Die nächsten Angehörigen sind sicher traurig, auch nach außen, aber die ein wenig enterfernteren und die Bekannten und Freunde, werden nicht betreten herumstehen, sondern vielleicht nicht ausgelassen und fröhlich, aber dennoch nicht ausschließlich jammernd und weinend, sondern ruhig und besinnlich feiernd, Abschied von der Toten nehmen… weil gestorben heisst ja nicht für ewig gegangen, sondern der Verstorbene kommt vielleicht bald wieder… im nächsten Menschen, oder Vogel, oder Baum, oder Blume, oder Reispflanze, oder, oder…
Und am Tag des Begräbnisses wird das Begräbnisgestell, getragen von den „Sargträgern“ und begleitet von fast allen Dorfmitgliedern, durchs Dorf pilgern, tanzen und lärmen, sich im Kreis drehen, damit alle bößen Geister verwirrt sind und weglaufen, und nicht mitbekommen wo das eigentliche Begräbniss stattfindet (beim Tempel, direkt am Strand). Damit kann dann die Verstorbene mit allen guten Geistern versehen, beruhigt ins Reich der Toten übergehen.
Wobei ich mir nicht ganz sicher bin, ist auf dem Gestell wirklich die Verstorbene, oder nur der schwarze Stier, der dafür gebaut und geschmückt wird… und dann mit der Verstorbenen zusammen (??) verbrannt wird. Keine Ahnung wies so ganz genau abläuft, ich werds nachtragen, sobald ich es genau weiss.
Da gibt es auch noch genaue Vorschriften, wieviel Reis gekocht werden muss, was wer wieviel mitbringen muss/soll, wieviel Schmuck gemacht werden muss, welcher Priester … usw… natürlich, wie auch bei uns, ein gewisser organisierter Ablauf eben, nur halt mental, denke ich, anders als bei uns.
Für mich persönlich heisst es. An einem 14.12. an einer Trauerfeierlichkeit teilnehmen. Dass erinnert mich schlagartig an den 15.12. vor jetzt mittlerweile 16 Jahren….
Die Zeit vergeht, die Jahre gehen ins Land, der Schmerz tritt in den Hintergrund, aber wird er jemals vergehen???? Die ganzen Synapsen… ich bin hier, weil… der Schmerz kommt hoch, die Tränen bohren sich ihren Weg. Die Erinnerungen, die Hilflosigkeit, die Betroffenheit - und ein sofortiges „aufreissen“ der Narbe - ja, es tut noch immer weh…
Es kommt nicht die Frage nach dem Warum, dafür ist die Akzeptanz für das Unabänderliche mittlerweile groß genug.
Genug für heute. Eure um Fassung ringende
Brigitta in Bali
Nachtrag. Sonst geht’s mir gut. Keine Panik. Morgen sieht der Tag schon wieder anders aus. Mittlerweile hab ich mir Silvia auf einen Kaffee eingeladen… und somit meine Fassung wiedergefunden. Wieder alles ok.
heute will ich mal ein paar Eindrücke loswerden. Ich weiss, der letzte Eintrag ist schon lange her und es gäbe so viele zu berichten, aber ich nehme, dem Anlass gegeben, die aktuellsten …
Mangguh dan Zeremonie Rumah Mesin (Reisgottzeremonie und mein Gensethaus)
Angefangen hat es mit der Zeremonie für den Reisgott. Das ist so… das Land auf den wir unsere Häuschen bauen, war früher ein Reisfeld. Und weil wir es jetzt sozusagen „umwidmen“ muss dafür natürlich eine Zeremonie her. Da dieses Stück Land ganz schön groß ist, und der Aufwand der Zeremonie steigt, umso mehr Land umgewidmet wird, war das eine recht große Zeremonie. Mit Musik (Gamelan) und ein Haufen Priester am Grund.
So genau den Ablauf kann ich jetzt nicht wiedergeben, aber so die Highlights für mich waren…
… das Schweindl grillen
…es ist immer wieder einfach toll anzusehen, wie so etwas abläuft hier… wie bei einer Riesengroßen Party in Österreich - so in etwa vergleichbar wie das Donauinselfest in Wien… ;-) vielleicht etwas übertrieben, der Vergleich, aber ok…
Was ich damit sagen will ist… da wird gekocht, Zwiebel geschnitten, Sitzplätze organisiert, ein Dach „gebaut“, eingekauft, gebastelt, Reis gekocht, … und jeder macht bei irgendetwas mit. Keiner fragt groß… und was krieg ich dafür?? Nein, erstmal wird gemeinsam angepackt… und wenns im Nachhinein was dafür gibt (Uang/Geld), ok wird’s auch genommen, aber wenns auch „nur“ die Einladung zum Essen ist, ist es auch ok und gut…
Es bleibt ja nicht nur bei dem Schweindl selber… da werden Würstel gemacht, Soßen gekocht, Beilagen gerichtet, Spießchen gemacht, Gemüse vorbereitet und natürlich jede Menge Reis…
Die Zeremonie selber
… also so einen Spektakel hab ich zum Ersten Mal miterlebt. Da wird ein Gestell für den Priester gebaut, richtig hoch, rundherum irre viele Dinge aufgestellt, Blumen, gebasteltes Dingelchen, Essen Räucherstäbchen - die sind sowieso immer und überall dabei, Glockengebimmel, … und natürlich eine ganz ganz spezielle „Kleidung“ - wobei diesmal ist mir der Priester halb nackt vorgekommen - und irgendwie strange anzusehen… in Leder und mit Kettchen hier und da… Zopf gebunden…. und ganz strenger, ernster, konzentrierter Miene…
Dann gehen - keine Ahnung wie viele, Priester das ganze Grundstück ab, und beten hier und beten da und Wassersprengel hier und dort und da nicht zu vergessen…
Und dann… vor dem Priestergestell am Boden ist ein „Gabentisch“ aufgebaut. Wahnsinn, was die für Geld ausgeben, für all das „Zeug“, und mittendrinn liegt eine ganze gegrillte Sau… wirklich, mit Kopf und Füßen und allem drum und dran… dann wird wieder gebetet - rund um den Gabentisch, und alle Priester und auch ein paar andere laufen um den Gabentisch, kehren den Weg rundherum, vertreiben was und wen auch immer, schreien und rufen und tanzen rundherum…
Dann wird die Sau geteilt, streng nach Ritual, in ganz bestimmte Stücke. Danach müssen die, die in Zukunft auf dem Land bauen und leben, also wir, dem Subak (Reisbauervereinigungs-Oberhaupt) jeweils irgendein Drum von dem Gabentisch überreichen.
Und wenn dann alles gut abgelaufen ist, alles vorbei ist, ist das Land der Reisgöttin abgegolten und es darf darauf gelebt, gebaut und was auch immer werden. Es wurde ihr gebührend dafür gedankt, dass dieses Land viele Jahre lang den Menschen Reis gegeben hat und dass es ab nun an einigen Menschen ein neues Dasein geben wird. Die Leute, die hier arbeiten werden, sind zufrieden und fürchten sich nicht vor dem Zorn der Reisgöttinn, weil sie ja besänftigt wurde…. es hat also alles seine Ordnung.
So ganz still und leise und nebenbei - nicht wirklich registriert, wurde auch mein Gensethaus bzw. mein Raum in dem irgendwann in Zukunft mein Kompressor für die Tauchflaschen sein wird, zeremoniell bedacht, und seinem Zweck übergeben… ok, auch für meine Worker alles in Ordnung… es darf hier beruhigt gearbeitet werden, weil Ibu Brigitta hat ihren Teil für die Götter beigetragen….
Was ich nicht gewusst hab, mir aber erzählt wurde… da muss natürlich, bevor das eigentliche Fest stattfindet, noch nach bestimmten Ritualen bestimmte Gaben, unter anderem richtige Reiskunstwerke, gebaut werden, abgesegnet - bei den verschiedensten Priestern… da wird alles eingepackt, zum Priester gefahren, gesegnet und… keine Ahnung, teilweise gegessen, teilweise kriegen herumstreunende Hunde a bissl was von den Gaben ab, so nebenbei, wenn sie sie entdecken…
Also ich glaub, gut eine Woche bis zehn Tage brauchen so alle Vorbereitungen, und Lutuh und Ketut waren ganz schön im Stress…
Dank den Beiden - und es war ein gelungenes Fest - dass muss man sagen. Alle waren im Endeffekt zufrieden und gesättigt - geistig wie auch körperlich…
Bevor du die Mangguh Zeremonie abhälst ist es hier so Brauch, dem Subak ein bestimmtes Entgelt jährlich zu bezahlen. Und nach der Zeremonie fällt dass dann weg….sollte wegfallen, für Balinesen ganz sicher, für uns auch ;-) ????
Wenn man bedenkt, dass die Kosten für die Zeremonie ungefähr soviel ausmacht, als wenn du 10 Jahre lang jährlich deinen Beitrag leistest… no more Comment ;-)
Galungan dan Kuningan (Jahreswechsel alle 210 Tage)
Als nächstes kam dann Galungan dan Kunignan - bzw. ist gerade, weil Galungan ist grad vorbei und nächste Woche ist Kuningan…
Vergleichbar mit unserem Jahreswechsel… allerdings halt auf fast zwei Wochen, genau gesagt, 10 Tage, verteilt.
Keine Zeremonie gleicht der anderen, aber so irgendwie ist schon ein bissl was gleich bei Allen…
Bauen, basteln, vorkochen, Areal schmücken beten, Gaben verteilen, feiern, ausrasten und auf die nächste warten…
So auch hierbei. Mit dem Unterschied für mich diesmal… auch ich hab jetzt den üblichen „Schmuck“ vergleichbar mit unserem Baumschmuck für Weihnachten, nur halt vieeeeeel vieeeeeeel höher, am „Eingang“ zu meinem Land. Wer schon in Bali war, weiss wie das nun aussieht… links und rechts neben dem Tor sind zwei rieeeeeesengroße Bambusgebilden, mit vielen kleinen Verzierungen (handgemacht), und einem kleinen Gabenteller-Gestell. Da kommt dann jeder, der hier arbeitet irgendwann zwischen Galungan und Kuningan, oder 2x vorbei, betet, bringt ein paar Gaben (Reistürmchen, Obst, Süssigkeiten), trinkt einen Kaffee und geht zum nächsten Tempel. Fühlt sich wohl, weil auf Brigittas Land findet er halbwegs alles, was er braucht, um angstfrei - vor allen bösen Geistern - arbeiten zu können …
Ich war auch ein bissl an den Bastelarbeiten beteiligt… es war urgemütlich… du hast zwar keine Ahnung, wann deine Leute vorbeischneien, irgendwann sind sie einfach da, haben alles mögliche an Material dabei, hocken sich nieder, und beginnen zu basteln… ratschen, trinken Kaffee, Essen, machen alles fertig - und gehen.
Das Gestell bleibt bis nach Kuningan… hoffentlich hält es Wind und Regen aus,… wird dann abgebaut, der Schmuck, welcher es überlebt hat, wird verstaut fürs nächste Galungan dan Kuningan (Jahr), und der Rest… ist ja alles, oder fast alles natur,… kommt auf den Organic (Mist)Platz.
Pernikahan (Hochzeit)
Die Tage zwischen Galungan und Kunigan sind beliebte Tage für Hochzeiten.
Diesmal gibt es in Kalisada, nämlich gerade heute, 3 Hochzeiten (Pernikahan). Gestern war mein ehemaliger Staff Yudi bei mir, und hat mich zu seiner eingeladen. Seine Zeit in Denpasar ist nun auch vorbei, seine damalige Freundinn - der Grund, warum er unbedingt nach Denpasar wollte ;-) schwanger, und heut wird Hochzeit gefeiert. Die Einladung kam für mich etwas zu kurzfristig, deswegen nehme ich nicht daran teil, aber ich wünsch ihm natürlich alles alles Gute…
Wobei, so ein bissl zum nachdenken hat es mich gestern schon gebracht… so in die Richtung… der Junge ist jetzt gerade mal so um die 22 Jahre alt, hat keinen Job, und jetz bald eine Frau und ein Kind, für die er die Verantwortung zu tragen hat…
Es steht mir nicht zu, irgendetwas hier zu kritisieren, aber kritisch gegenüber stehen, dass darf ich schon… und ich würde gerne ein bissl Aufklärungsarbeit über Verhütung, und Kinder in die Welt setzen machen. Im Kleinen Kreis, bei meinem Staff, versuch ich es immer wieder, und werde es immer wieder tun, und kann nur hoffen, dass es auch mal etwas bewirkt….
Er kam mir gestern recht ernst vor, eh klar, wird ihm auch bewusst sein, schön langsam, was da jetzt alles auf ihn zukommt. Ich mein, ich fand es gut und verantwortungsbewusst, dass er den Mut gefunden hat, herzukommen, mich einzuladen und natürlich auch um einen Job zu fragen….
Die Beendigung unseres „Angestellten-Verhältnisses“ war ja nicht ganz ungetrübt. Aber im Endeffekt ohne großartigen Probleme - wenn ich mich da vergleichsweise an Putu erinnere. Job kann ich ihm leider keinen neuen anbieten… hab sowieso selbst gerade 3 Staffs hier… wüßte nicht, was er arbeiten sollte, aber ich werde mit Lynda mal quasseln, vielleicht ergibt sich ja was…
Ich glaube, er ist ein guter Junge und ich wünsch ihm wirklich von ganzem Herzen, alles alles Gute für seine Zukunft, für ihre gemeinsame Zukunft und für die Zukunft des noch ungeborenen Kindes…
Mati (Tod)
Auch diese Zeremonie werde ich in den kommenden Tagen leider kennenlernen. Die Schwiegermutter meines Staffs Popo ist von gestern auf heute Nacht verstorben. Sie war 75 Jahre alt.
Es ist für mich immer unverständlich, wie plötzlich das hier geht. Da hörst du nichts oder sehr selten, von Krankheit oder Bettlägrigkeit - von einem Tag, von einer Minute auf die andere… auf einmal ist jemand verstorben.
Bei Popos Schwiegermutter hats vor ein paar Tagen begonnen… ich habs nicht gewusst. Seine Schwiegermutter hatte Durchfall, Bauchweh?? Nach ein, zwei Tagen war wieder alles vorbei. An Galungan hat sie wieder ganz „normal“ gegessen - natürlich scharf, sind ja fast alle Speisen hier stark gewürzt, aber das ist auch ihr „normale“ Kost, und gestern gings ihr wieder schlechter. So schlecht, dass Popo mit ihr mitten in der Nacht auf heute, ins Spital gefahren ist… und dort ist sie innerhalb von ein paar Stunden verstorben…
Dass war so der Ablauf, den mir Popo vor ca 2 Stunden berichtet hat. Ruhig, besonnen, mit dicken Rändern unter den Augen, aber mit leiser, fester Stimme.
Der Umgang mit dem Tod ist hier ein gänzlich anderer, als bei uns. Wie genau, werde ich nachtragen, aber es ist nicht so, wie wir es kennen. Für mich persönlich heisst das trotzdem jetzt:
In 2 Tagen werde ich einen Kondulenzbesuch bei den Hinterbliebenen machen. Gott sei Dank hab ich auch einen schwarzen Sarong, weil was anderes hierfür nicht in Frage kommt. In 5 Tagen, also am 14.12.2010 werde ich an den Begräbnisfeierlichkeiten teilnehmen. Dass gehört sich so. Dass bin ich meinem Staff gegenüber als Respektanerkennung schuldig.
Begräbnisfeierlichkeiten sind hier Verbrennungsrituale. Soweit ist mir bekannt. Ich weiss auch, dass sie jetzt die nächsten fünf Tage die Verstorbene einölen und in Eis packen und im Haus der Verstorbenen aufbewahren. Dort wird rund um die Uhr gebetet, bis der rechte Tag für die Zeremonie ist. Weil, nicht jeder Tag ist gut dafür.
In diesen Tagen wird ein Gestell gebaut, wieder gebastelt, gebetet und gefeiert. Die nächsten Angehörigen sind sicher traurig, auch nach außen, aber die ein wenig enterfernteren und die Bekannten und Freunde, werden nicht betreten herumstehen, sondern vielleicht nicht ausgelassen und fröhlich, aber dennoch nicht ausschließlich jammernd und weinend, sondern ruhig und besinnlich feiernd, Abschied von der Toten nehmen… weil gestorben heisst ja nicht für ewig gegangen, sondern der Verstorbene kommt vielleicht bald wieder… im nächsten Menschen, oder Vogel, oder Baum, oder Blume, oder Reispflanze, oder, oder…
Und am Tag des Begräbnisses wird das Begräbnisgestell, getragen von den „Sargträgern“ und begleitet von fast allen Dorfmitgliedern, durchs Dorf pilgern, tanzen und lärmen, sich im Kreis drehen, damit alle bößen Geister verwirrt sind und weglaufen, und nicht mitbekommen wo das eigentliche Begräbniss stattfindet (beim Tempel, direkt am Strand). Damit kann dann die Verstorbene mit allen guten Geistern versehen, beruhigt ins Reich der Toten übergehen.
Wobei ich mir nicht ganz sicher bin, ist auf dem Gestell wirklich die Verstorbene, oder nur der schwarze Stier, der dafür gebaut und geschmückt wird… und dann mit der Verstorbenen zusammen (??) verbrannt wird. Keine Ahnung wies so ganz genau abläuft, ich werds nachtragen, sobald ich es genau weiss.
Da gibt es auch noch genaue Vorschriften, wieviel Reis gekocht werden muss, was wer wieviel mitbringen muss/soll, wieviel Schmuck gemacht werden muss, welcher Priester … usw… natürlich, wie auch bei uns, ein gewisser organisierter Ablauf eben, nur halt mental, denke ich, anders als bei uns.
Für mich persönlich heisst es. An einem 14.12. an einer Trauerfeierlichkeit teilnehmen. Dass erinnert mich schlagartig an den 15.12. vor jetzt mittlerweile 16 Jahren….
Die Zeit vergeht, die Jahre gehen ins Land, der Schmerz tritt in den Hintergrund, aber wird er jemals vergehen???? Die ganzen Synapsen… ich bin hier, weil… der Schmerz kommt hoch, die Tränen bohren sich ihren Weg. Die Erinnerungen, die Hilflosigkeit, die Betroffenheit - und ein sofortiges „aufreissen“ der Narbe - ja, es tut noch immer weh…
Es kommt nicht die Frage nach dem Warum, dafür ist die Akzeptanz für das Unabänderliche mittlerweile groß genug.
Genug für heute. Eure um Fassung ringende
Brigitta in Bali
Nachtrag. Sonst geht’s mir gut. Keine Panik. Morgen sieht der Tag schon wieder anders aus. Mittlerweile hab ich mir Silvia auf einen Kaffee eingeladen… und somit meine Fassung wiedergefunden. Wieder alles ok.
BrigittaK - 9. Dez, 10:10